Risikominimierung (RMM)

IPM ist jetzt RMM

RMM ist die neue Entsprechung für Integriertes Pest Management (IPM) oder ganzheitliche Schädlingsabwehr. Für zugelassene Biozidprodukte mit Antikoagulanzien als Wirkstoff, werden in Deutschland von der Zulassungsbehörde Maßnahmen nach RMM gefordert. Grundlage für diese Entscheidung war der vermehrte Nachweis in Hunden, Katzen und Wildtieren, die sich an ungeschützt ausgebrachten Ködern oder durch das Fressen verendeter Nagetiere vergiftet hatten.

Im Januar 2013 wurden RMM erstmals als Änderungen in der Schädlingsbekämpfung durchgesetzt. Seitdem sind bestimmte Antikoagulanzien, die unter anderem in der Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, nicht mehr frei verkäuflich. Durch den Verkauf nur an Sachkundige (lt. RMM) soll, zur Risikominderung, ein fachgerechter und kontrollierter Umgang mit Antikoagulanzien erreicht werden. Im Juni 2014 wurde das Verbot des permanent Monitorings (vorbeugender Einsatz von Rodentiziden) nochmals geändert. Eine permanente toxische Beköderung ist jetzt nach Erstellung einer Gefahrenanalyse und in einem durch einen Schädlingsbekämpfer festzulegenden Zeitraum von 1 bis 4 Wochen, auch wieder in Lebensmittel verarbeitenden Betrieben, Warenlagern usw., zulässig.

Wichtige Neuerungen zu RMM:

  1. Antikoagulanzien der 2. Generation (SGARs) dürfen, zur Risikominderung, nur noch von Sachkundigen verwendet werden.
  2. Bis auf wenige Ausnahmen müssen Köderstationen zugriffsgeschützt sein.
  3. Entsprechend der eingesetzten Mittel bei einer Schadnagerbekämpfungsmaßnahme sind periodisch einzuhaltende Kontrollintervalle festgelegt.
  4. Regelmäßige Maßnahmen (Monitoring) gegen Ratten- und Mäusebefall sind nur mit giftfreien Ködern (ohne Antikoagulantien) oder anderen Fallen bzw. Überwachungsgeräten durchzuführen, es sei denn, besondere Gesundheitsgefahren durch Ratten und Mäuse können anders nicht abgewehrt werden. In solchen Ausnahmefällen darf nach schriftlicher Gefahrenanalyse und unter Einhaltung der darin bestimmten Risikominimierungsmaßnahmen, durch einen sachkundigen Schädlingsbekämpfer, auch mit wirkstoffhaltigen (Antikoagulantien) Ködern bekämpft werden.
  5. Eingesetzte Produkte, Einsatzorte der Köder und Köderstationen sind in ihrer Art, Menge und Kennzeichnung lückenlos zu dokumentieren (HACCP) und Köderstationen im öffentlichen Raum sind immer mit einem Warnhinweis zu versehen.

RMM – zugelassene Anwender (FGARs und SGARs)

Wichtige Folgen durch die Einführung von Risikominimierungsmaßnahmen (RMM) in der Schädlingsbekämpfung sind die Beschränkung der Verwenderkategorie und die Festlegung einer guten fachlichen Anwendung (GfA) von Fraßködern zur Schadnagerbekämpfung. Zugelassene Verwender von Antikoagulanzien zur Bekämpfung von Nagetieren* (Schadnagern) bezogen auf verschiedene Anwendungsbereiche.

*Bekämpfung von Ratten, Hausmäusen und einigen Wühlmausarten (wie z. B. Rötelmäuse und Feldmäuse) im Bereich des Gesundheitsschutzes und hygienischen Vorratsschutzes. Anwendungen zum Zwecke des Pflanzenschutzes sind nicht zugelassen.


Anwendung von Rodentiziden

Verbotene Anwendung von Rodentiziden (siehe RMM)
Ohne einen festgestellten Befall mit Schadnagern ist die Anwendung von Rodentiziden mit Antikoagulanzien, mit einer Ausnahme, verboten. Die Permanentbeköderung und die Perimeterbeköderung von Schadnagern sind ohne Ausnahme verboten.

  • Permanentbeköderung durch Rodentizide mit Antikoagulanzien: Dauerbeköderung des Schutzbereichs nach vorgegebenen Abstands- oder anderen Auflagen (Industrie-/Qualitätsstandards) ohne spezifischen Gefährdungsgrad.
  • Perimeterbeköderung durch Rodentizide mit Antikoagulanzien: Dauerbeköderung entlang einer Grundstücksgrenze um Zuwanderung von Schadnagern auf ein Betriebsgelände zu verhindern.

Die Ausnahme von der Regel (lt. RMM) – Es gibt nur eine einzige Ausnahme als befallsunabhängige Dauerbeköderung mit Antikoagulanzien und das ist die „Strategische Dauerbeköderung zur Prophylaxe“ als vorbeugende Maßnahme zur Befallsverhinderung. Dabei handelt es sich um dauerhafte Köderstellen, die regelmäßig kontrolliert werden und folgenden Bedingungen unterliegen: Ein sachkundiger Verwender (Schädlingsbekämpfer) erstellt eine objektbezogene Analyse und installiert an bevorzugten Eindring- und Einniststellen von Schadnagern in und direkt am Gebäude Köderstellen, die in Abständen von einer bis maximal vier Wochen kontrolliert werden. Eine befallsunabhängige Dauerbeköderung im offenen Gelände bleibt grundsätzlich verboten.

Befallsunabhängige Dauerbeköderung mit Antikoagulanzien

Erlaubte Anwendung von Antikoagulanzien (lt. RMM)
Ausnahmsweise ist in der strategischen Dauerbeköderung zur Prophylaxe eine befallsunabhängige Dauerbeköderung, mit Antikoagulanzien der 2. Generation (SGARs), auch ohne die Feststellung eines tatsächlichen Nagetierbefalls in Betrieben und Einrichtungen zulässig. Das Vorliegen der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes für eine Strategische Dauerbeköderunge mit Antikoagulanzien zur Vorbeugung, ist in jedem Einzelfall vom sachkundigen Verwender (Schädlingsbekämpfer) zu prüfen, festzustellen und zu dokumentieren.

  1. Ausschließlich als Prophylaxe-System zulässig.
  2. Nur nach einer von einem Schädlingsbekämpfer erstellten Analyse zulässig. Planung, Durchführung, Dokumentation und Prüfung, ob die nötigen Voraussetzungen erfüllt sind, erfolgt durch einen geprüften Schädlingsbekämpfer oder unter seiner Aufsicht.
  3. Nur durch ausgebildete bzw. geprüfte Schädlingsbekämpfer zulässig.
  4. Ausschließlich mit Antikoagulanzien der 2. Generation zulässig. Beim Einsatz von Antikoagulanzien der 1. Generation (FGARs), besteht bei Kontrollintervallen von bis zu vier Wochen, eine besonders große Gefahr von (Kreuz-) Resistenzen. Resistenzen würden nicht rechtzeitig erkannt und das Risiko der Etablierung einer resistenten Population wäre zu hoch.
  5. Nur mit zugriffsgeschützten Köderboxen zulässig.
  6. Nur zulässig mit dauerhaften Köderstellen, die regelmäßig in einem Zeitraum von 1 bis maximal 4 Wochen kontrolliert werden. Eine zusätzliche Überwachung der Köderstellen kann nach Absprache mit dem verantwortlichen Schädlingsbekämpfungsfachbetrieb auch von berufsmäßigen Verwendern mit Sachkunde durchgeführt werden. Wenn bei einem, durch den Schädlingsbekämpfer festgestellten, Befall* eine zusätzliche akute Bekämpfungsmaßnahme erforderlich ist, liegt es in seinem Ermessen, wöchentliche Maßnahmen einzuleiten.
    *Definition Befall: Anzeichen, wie lebende und/oder tote Tiere, Fraßspuren an Nahrungs- und Futtermitteln, Materialien oder Ködern, Kot- oder Urinspuren sowie Trittsiegel oder Schmierspuren, die nicht länger als vier Wochen zurückliegen.
  7. Nur an bevorzugten Eindring- und Einniststellen von Schadnagern in und direkt am Gebäude zulässig.
  8. Nur nach einer objektbezogenen Gefahrenanalyse, in der durch einen sachkundigen Verwender (Schädlingsbekämpfer) eine erhöhte Befallsgefahr mit Nagetieren, die eine besondere Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit von Mensch oder Tier darstellt, festgestellt wird.
  9. Nur zulässig, wenn sie nicht durch verhältnismäßige Maßnahmen, z. B. organisatorische oder bauliche Maßnahmen oder den Einsatz geeigneter biozidfreier Schadnagerbekämpfungsmittel (z. B. Fallen), verhindert werden kann. Wobei die Verhältnismäßigkeit auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Alternativmaßnahmen müssen verhältnismäßig sein. Von der Verfassung anerkanntes Rechtsgut ist zu schützten.


Sachkundenachweis

Klassifizierung der Sachkunde (lt.RMM)
Für die Anwendung von Rodentiziden mit Antikoagulanzien der 2. Generation und für bestimmte Anwendungen von Rodentiziden mit Antikoagulanzien der 1. Generation (z. B. in der Kanalisation oder in offenem Gelände), ist einer der folgenden Berufsabschlüsse bzw. Sachkundenachweise erforderlich:

Schädlingsbekämpfer/sachkundige Verwender
Sachkunde nach Anhang I Nr. 3.4 Gefahrstoffverordnung

  • ausgebildete bzw. geprüfte Schädlingsbekämpfer
  • als gleichwertig anerkannte Prüfung/Ausbildung nach GefStoffV
  • im Rahmen des Erwerbs dieser Sachkunde wird unter anderem auch der sachgerechte
    Umgang mit Rodentiziden, die Antikoagulanzien enthalten, vermittelt.

Verwender aus beruflichen Gründen mit Sachkunde (1.)
Sachkunde nach Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung

  • u. a. ausgebildete Land-und Forstwirte, Gärtner, Winzer, Pflanzenschutzlaboranten
  • Personen mit abgelegter Sachkundeprüfung (z. B. bei DEULA)
  • weitere von Behörden anerkannte Aus-, Fort-oder Weiterbildungen nach PflSchSachkV Sachkunde nach Tierschutzgesetz § 4
  • Personen mit abgelegter Sachkundeprüfung
  • ab dem 1.7.2014 nur noch in Verbindung mit einer Schulung als anerkannter Sachkundenachweis gültig (2.)

Geschulte Verwender mit besonderen Sachkenntnissen
Zertifikat über Teilnahme an einer Schulung (Personen mit belegter Teilnahme (Zertifikat) an einer Schulung mit folgenden Lerninhalten)

  • Verhalten und Biologie von Nagern
  • Rechtsgrundlagen der Bekämpfung von Ratten und Mäusen
  • Bekämpfung von Nagetieren
  • Wirkungsweise von Antikoagulanzien
  • Gefahren und Risiken bei der Verwendung von Rodentiziden für Menschen und die Umwelt
  • Techniken zur Risikominderung (speziell Primär-und Sekundärvergiftung von Nicht-Zieltieren und deren Vermeidung, Umgang mit PBT/vPvB-Stoffen)
  • Anwendungstechniken/Vorgehensweise und Dokumentation
  • Verhalten von Ratten in der Kanalisation

1.) Für berufsmäßige Verwender reicht derzeit einer der genannten Nachweise aus, um eine Sachkunde nachzuweisen.
2.) Vorschriften des Tierschutzgesetzes zur Sachkunde für Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig regelmäßig Wirbeltiere zum Zweck des Tötens betäuben oder töten, sind weiterhin einzuhalten.